Hören wir Kinderarbeit denken die Meisten vermutlich an asiatische, südamerikanische oder afrikanische Länder in denen derzeit noch die Arbeit von Kindern zum alltäglichen Leben gehört. Die meisten vergessen jedoch, dass diese Länder Spiegel in unsere eigene Vergangenheit sind. Gerade mal vor knapp 70 Jahren hat Präsident Franklin D. Roosevelt mit dem Fair Labor Standards Act in den USA als einer der letzten großen Industrienationen die Kinderarbeit verboten.
Bis dahin musste Stück für Stück das gesellschaftliche Selbstverständnis geändert werden. Die amerikanische Öffentlichkeit sah im 19. Jhdt. schwere und gefährliche Kinderarbeit in Minen, in der Textilindustrie, auf Feldern und anderen Bereichen der Industrie nicht als Ausbeutung. Vielmehr genossen die Firmenbesitzer einen guten Ruf als Wohltäter, da sie den Kindern Einkommen für die meist komplett verarmten Familien ermöglichten.
Seit der Industrialisierung wuchsen ganze Generationen heran, die nicht mehr als ihren Namen lesen oder schreiben konnten und deren Rechnen höchstens für das Zählen ihres Hungerlohn gereicht hat. An ein Mindestmass an Allgemeinbildung war gar nicht zu denken. Generation wurden körperlich in der Blüte ihres Lebens ruiniert. So weit ruiniert, dass in Preußen schon 1839 mit dem Preußischen Regulativ die Kinderarbeit erst ab 9 Jahren erlaubt wurde, weil ganze Jahrgänge für den Militärdienst untaugliche waren.
Die wesentliche Wende in der öffentlichen Meinung in der USA brachte die Fotografie. Lewis W. Hine dokumentierte die unerträglichen Zustände der Kinder in seinen berühmten Bildbändern. Die Bilder verfehlten die ihre Wirkung nicht. Obwohl die öffentliche Meinung umschwenkte änderte sich nur wenig an den tatsächlichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken und auf den Feldern.
Die echte Wende brachte die große Depression. Die hohe Arbeitslosigkeit unter erwachsenen Männer führte dazu, dass die Kinderarbeit praktisch zum erliegen kam, da nun auch Erwachsene für den Hungerlohn die gefährliche Arbeit übernahmen.
Bei allen Sachzwängen ist es aber der Arbeit von Lewis W. Hine zu verdanken, dass der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten wurde. Er verband eine neue Technologie mit einer Mission und brachte das Thema in die Herzen und den Verstand der damals regierenden Eliten. Die Bilder sprechen für sich.
Mittwoch, 10. März 2010
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...interessanter Beitrag, da urteilt man ganz anders über die Zustände in ärmeren Ländern, wenn bewusst wird, dass diese einfach mit ihrer Entwicklung zurückliegen und einen Teil unserer Vergangenheit spiegeln.
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